Ferienwohnung als erste Tätigkeitsstätte

Ferienwohnung als „erste Tätigkeitsstätte“: Steuerliche Auswirkungen auf Werbungskosten

Die steuerliche Behandlung von Fahrtkosten im Zusammenhang mit der Vermietung von Immobilien, insbesondere einer Ferienwohnung, wirft regelmäßig Fragen auf. Eine aktuelle Entscheidung des Finanzgerichts (FG) Münster beleuchtet die Möglichkeit, dass eine solche Ferienwohnung als „erste Tätigkeitsstätte“ im Sinne des Einkommensteuergesetzes (EStG) qualifiziert werden kann. Dies hat erhebliche Auswirkungen auf die Abzugsfähigkeit von Werbungskosten für Fahrten zum Objekt.

Hintergrund der steuerlichen Abzugsfähigkeit von Fahrtkosten

Grundsätzlich können Vermieter Fahrtkosten, die im Zusammenhang mit der Einkünfteerzielung aus Vermietung und Verpachtung entstehen, als Werbungskosten geltend machen. Dies betrifft beispielsweise Fahrten zur Durchführung von Reparaturen, zur Kommunikation mit Mietern oder zur Objektbesichtigung. Ohne die Einordnung als „erste Tätigkeitsstätte“ würden diese Fahrtkosten nach den sogenannten Reisekostengrundsätzen abgerechnet. Dies bedeutet, dass entweder die tatsächlichen Kosten oder eine Pauschale von 0,30 Euro pro Kilometer für Hin- und Rückfahrt angesetzt werden könnten.

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Die „erste Tätigkeitsstätte“ bei Vermietungseinkünften

Der Begriff der ersten Tätigkeitsstätte ist primär für Arbeitnehmer in § 9 Absatz 4 EStG definiert. Er bezeichnet die ortsfeste Einrichtung des Arbeitgebers, der der Arbeitnehmer dauerhaft zugeordnet ist. Bei Vermietungseinkünften, die keine Arbeitnehmertätigkeit darstellen, ist die Anwendung dieses Prinzips komplexer. Das FG Münster hat in seinem Urteil vom 15. Mai 2025 (Az. 12 K 1916/21 F) jedoch klargestellt, dass eine Ferienwohnung oder ein anderes Mietobjekt unter bestimmten Voraussetzungen als erste Tätigkeitsstätte anzusehen ist.

Entscheidend ist hierbei, ob der Steuerpflichtige mindestens ein Drittel seiner regelmäßigen Arbeitszeit für das Mietobjekt vor Ort verrichtet. Im Gegensatz zu Arbeitnehmern, bei denen die Zuordnung durch den Arbeitgeber erfolgt, sind bei Vermietungseinkünften vorrangig quantitative Kriterien maßgeblich.

Auswirkungen der Qualifizierung als „erste Tätigkeitsstätte“

Wird eine Ferienwohnung als erste Tätigkeitsstätte anerkannt, hat dies zur Folge, dass Fahrtkosten nur noch in Höhe der Entfernungspauschale abgezogen werden können. Diese beträgt 0,30 Euro pro Entfernungskilometer, ab dem 21. Kilometer 0,38 Euro (Stand 2024). Eine Abzugsfähigkeit der tatsächlichen Kosten oder der Pauschale für Hin- und Rückfahrt entfällt somit. Dies kann die abzugsfähigen Werbungskosten erheblich mindern.

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Der konkrete Fall vor dem FG Münster

In dem vom FG Münster entschiedenen Fall ging es um eine GbR, die zwei Ferienwohnungen vermietete. Die Gesellschafter machten Fahrtkosten und Verpflegungsmehraufwendungen für Reparatur- und Reinigungsarbeiten geltend. Das Finanzamt erkannte diese Kosten wegen privater Mitveranlassung nicht an. Das FG Münster gab der Klage teilweise statt, entschied aber, dass die beiden Ferienwohnungen jeweils als erste Tätigkeitsstätte anzusehen seien.

Die Begründung des Gerichts stützte sich darauf, dass die Gesellschafter die Reparaturarbeiten selbst durchführten, während die Verwaltung der Wohnungen weitgehend durch Dritte erfolgte. Dadurch wurde die quantitative Grenze von einem Drittel der regelmäßigen Arbeitszeit vor Ort deutlich überschritten. Für jede einzelne Fahrt nahm das Gericht eine Aufteilung der Fahrtkosten vor, wobei private Veranlassungsanteile nicht als Werbungskosten anerkannt wurden.

Die geltend gemachten Verpflegungsmehraufwendungen wurden ebenfalls nicht anerkannt, da die Dreimonatsfrist, innerhalb derer solche Aufwendungen grundsätzlich abzugsfähig sind (§ 9 Abs. 4a Satz 6 EStG), bereits abgelaufen war.

Bedeutung für die Praxis und Beweisvorsorge

Obwohl das FG Münster die Revision zugelassen hatte, um eine höchstrichterliche Klärung durch den Bundesfinanzhof (BFH) herbeizuführen (eine solche Klärung steht noch aus, vgl. z.B. BFH-Urteil vom 10.04.2019, Az. VI R 6/17), zeigt der Fall die Notwendigkeit einer sorgfältigen Dokumentation. Vermieter von Ferienwohnungen sollten eine detaillierte Beweisvorsorge treffen. Dies umfasst nicht nur die genaue Anzahl der Fahrten, sondern auch den konkreten beruflichen Anlass jeder Fahrt und das Fehlen einer privaten Mitveranlassung. Eine plausible Darlegung des Zeitaufwands vor Ort ist entscheidend, um die Einordnung als erste Tätigkeitsstätte zu vermeiden oder, falls dies nicht möglich ist, die korrekte Anwendung der Entfernungspauschale sicherzustellen.

Die Regelungen zu Werbungskosten und zur ersten Tätigkeitsstätte sind komplex und erfordern eine genaue Kenntnis der aktuellen Rechtsprechung und der gesetzlichen Bestimmungen, insbesondere des Einkommensteuergesetzes (EStG). Im Zweifel ist die Konsultation eines Steuerberaters ratsam, um steuerliche Nachteile zu vermeiden und die Abzugsfähigkeit der Werbungskosten optimal zu gestalten. Eine weitere wichtige Quelle für die Auslegung solcher Vorschriften sind die Einkommensteuer-Richtlinien (EStR).

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