Lieferung von Mieterstrom bei PV-Anlagen

Lieferung von Mieterstrom aus PV-Anlagen: Umsatzsteuerliche Einordnung und Vorsteuerabzug

Die Lieferung von Mieterstrom aus Photovoltaikanlagen (PV-Anlagen) durch Vermieter an ihre Mieter ist ein komplexes Thema im Umsatzsteuerrecht, das weitreichende Konsequenzen für den Vorsteuerabzug hat. Aktuelle Gerichtsurteile des Finanzgerichts (FG) Münster und des Bundesfinanzhofs (BFH) haben hier für Präzision gesorgt und die Rechtslage klarer definiert.

Selbstständige Hauptleistung vs. unselbstständige Nebenleistung

Das Finanzgericht Münster hat mit seinem Urteil vom 18. Februar 2025 (Az. 15 K 128/21 U) entschieden, dass die Lieferung von Mieterstrom aus der eigenen PV-Anlage des Vermieters in der Regel keine unselbstständige Nebenleistung zur umsatzsteuerfreien Wohnraumvermietung darstellt, sondern eine eigenständige, umsatzsteuerpflichtige Hauptleistung. Diese Einordnung ist entscheidend, da sie den Vorsteuerabzug aus den Anschaffungskosten der PV-Anlage ermöglicht.

Im konkreten Fall vermietete ein Steuerpflichtiger ein Mehrfamilienhaus umsatzsteuerfrei und versorgte seine Mieter mit Strom aus einer auf dem Dach installierten PV-Anlage. Ein Teil des Stroms wurde ins öffentliche Netz eingespeist, der andere Teil direkt an die Mieter geliefert. Das Finanzamt vertrat die Ansicht, die Stromlieferung sei eine Nebenleistung zur steuerfreien Vermietung, was den Vorsteuerabzug für die PV-Anlage ausschließe.

Das FG Münster hingegen differenzierte und stellte klar, dass die Stromlieferung als separate Leistung zu betrachten ist, wenn die Mieter die Freiheit haben, ihren Stromlieferanten und die Nutzungsmodalitäten des Stroms selbst zu wählen. Dies entspricht dem grundlegenden Prinzip der Leistungseinheit im Umsatzsteuerrecht, das besagt, dass Leistungen, die objektiv eine Gesamtheit bilden, als eine einheitliche Leistung zu behandeln sind (vgl. EuGH, Urteil vom 27.09.2012, Rs. C-392/11, Field Fisher Waterhouse LLP). Im vorliegenden Fall war die freie Wahlmöglichkeit der Mieter gegeben, was zur Annahme einer selbstständigen Leistung führte.

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Bestätigung durch den Bundesfinanzhof

Diese Rechtsprechung wurde durch den Bundesfinanzhof in seinem Urteil vom 17. Juli 2024 (Az. XI R 8/21) bestätigt. Der BFH stellte ebenfalls fest, dass die Lieferung von Mieterstrom aus einer PV-Anlage an Mieter eine selbstständige umsatzsteuerpflichtige Leistung ist, die den vollständigen Vorsteuerabzug aus den Eingangsleistungen – also den Anschaffungs- und Installationskosten der PV-Anlage – berechtigt. Die Begründung liegt in der gesetzlich verankerten freien Wahl des Stromanbieters durch den Mieter (§ 41 Abs. 1 EnWG, Energiewirtschaftsgesetz). Diese Wahlfreiheit stellt sicher, dass die Stromlieferung keine untrennbare Einheit mit der Wohnraumvermietung bildet.

Auswirkungen auf den Vorsteuerabzug und aktuelle Gesetzgebung

Die Einordnung als selbstständige umsatzsteuerpflichtige Leistung ist für Vermieter von großer Bedeutung, da sie den Vorsteuerabzug aus den Kosten der PV-Anlage ermöglicht. Dies kann die Wirtschaftlichkeit solcher Investitionen erheblich verbessern.

Es ist jedoch zu beachten, dass sich die Bedeutung des Vorsteuerabzugs für bestimmte Betreiber von PV-Anlagen seit dem 1. Januar 2023 durch die Einführung des § 12 Abs. 3 Umsatzsteuergesetz (UStG, Umsatzsteuergesetz) geändert hat. Diese Neuregelung sieht vor, dass unter bestimmten Voraussetzungen, insbesondere für kleine PV-Anlagen bis 30 kWp, die Lieferung von Strom umsatzsteuerfrei ist. In diesen Fällen entfällt die Belastung mit Umsatzsteuer bei der Anschaffung der Anlage, wodurch die Frage des Vorsteuerabzugs irrelevant wird. Die maßgebliche Leistungserbringung für diese Regelung ist in der Regel die Abnahme der Anlage.

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die Lieferung von Mieterstrom aus PV-Anlagen durch den Vermieter an die Mieter als umsatzsteuerpflichtige und selbstständige Hauptleistung zu qualifizieren ist, sofern dem Mieter die freie Wahl des Stromlieferanten zusteht. Dies ermöglicht grundsätzlich den Vorsteuerabzug für die Anschaffung der PV-Anlage, wobei die neuen Regelungen des § 12 Abs. 3 UStG für kleinere Anlagen eine Vereinfachung darstellen. Weitere Informationen zu aktuellen Urteilen finden Sie auch auf dejure.org.

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